Fünf Gründe, warum eine Kennzeichenpflicht bei Fahrrädern keinen Sinn macht
Gut gelöst
In unserer neuen Kolumne "Gut gelöst" wollen wir uns mit Situationen aus dem Alltag von Radler:innen auseinandersetzen. Oft sind es Kleinigkeiten die für die meisten Radelnden selbstverständlich sind, für Neulinge aber den Unterschied ausmachen, ob sie auf ihr Fahrrad aufsteigen oder nicht. Wie wir wissen, ist aller Anfang schwer. Falls ihr ein konkretes Problem habt, das euch vom Radfahren abhält, dann schreibt uns doch auf Social Media ( Facebook oder
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In regelmäßigen Abständen kommt von irgendwoher die Forderung, dass auch Fahrräder kennzeichenpflichtig werden sollten. Obwohl es diese Maßnahme aktuell weltweit nirgendwo gibt, finden sich immer wieder einige Befürworter:innen. Da das Thema nicht ganz neu ist, gab es zumindest schon den einen oder anderen Versuch in diese Richtung, vor allem aber existieren viele Gründe, warum das überhaupt keine gute Idee ist.
Bürokratie
Eines der wenigen Länder, das sich bisher tatsächlich darin versucht hat, etwas Ähnliches wie eine Kennzeichenpflicht einzuführen, war die Schweiz mit der Velovignette. Hintergrund war, dass Radfahrende zum Ausüben ihrer Tätigkeit eine Haftpflichtversicherung besitzen sollten. Bereits im Jahre 1893 wurde die ersten Blechschilder ausgegeben, seit 1989 dann nur mehr als Klebe-Vignette. 2011 wurde das Unterfangen völlig eingestellt. Mehr als 90% aller Radler:innen hatten ohnehin eine Versicherung, hinzu kam der horrende Verwaltungsaufwand. Beim Verkauf eines Fahrrads müsste dies z.B. umgemeldet werden.
Fahrer:in vs. Fahrzeug
Die meisten Verkehrsstrafen zielen außerdem auf die Lenkerin bzw. den Lenker ab, ein Kennzeichen weist aber nur aus, wer das Fahrrad besitzt. Werden Radelnde also nicht auf frischer Tat ertappt (so wie es derzeit ja auch möglich ist), müssten umfangreiche Nachforschungen betrieben werden. Diebstähle, die im Fahrradbereich leider an der Tagesordnung stehen, würden die Sache noch zusätzlich erschweren.
Der kindliche Zugang
Als Kind Radfahren zu lernen, gehört zu den fundamentalsten Dingen, die es gibt. Anfangs auf dem eigenen Grund oder im Hof, später dann auf der Straße, ist das Erlernen dieser Fähigkeit mit Dingen wie Schuhband zubinden zu vergleichen. Wir beschweren uns regelmäßig darüber, dass es schwierig ist, die Kids für Bewegung zu begeistern. Zusätzliche Hindernisse sind hier extrem kontraproduktiv.
Sichtbarkeit
Oft wird von Fachleuten in der Diskussion auf einen weiteren Punkt verwiesen: Ein Kennzeichen allein erhöht nicht die Disziplin. Sonst würde es ja kaum mehr Autolenker:innen geben, die bei Rot noch rasch über die Kreuzung wollen. Sieht man aber fast jeden Tag oder nicht?
Dazu kommt: Kennzeichen auf Fahrrädern müssten aus Platzgründen sehr klein sein, zumal auf sportlichen Geräten im Rennrad-Style. Im Zweifelsfall wird man das Kennzeichen daher kaum oder gar nicht lesen können.
Willkür
Fahrräder können gefährlich sein, das gilt aber auch für viele andere Dinge. Im Sommer hantieren wir z.B. mit Feuer im Griller, tagtäglich haben wir scharfe Messer im Einsatz und wenn man nicht weiß, wie man eine Waschmaschine bedient, kann ebenfalls ganz schön viel schiefgehen. Aber selbst wenn wir bei Verkehrsteilnehmer:innen bleiben, gibt es immer noch die Gruppe derer, die zu Fuß gehen. Und die verursachen auch jede Menge Unfälle im Straßenverkehr, wie Statistiken zeigen
Bevor wir also zukünftig alle mit Schildern am Rücken durch die Gegend gehen, plädieren wir für gegenseitige Rücksichtnahme und wünschen uns, dass die polemischen Forderungen weiter ungehört bleiben.
Keine Kennzeichenpflicht finden wir: gut gelöst!
Weblinks:
- Die frühere Kennzeichenpflicht für Räder in der Schweiz und in Liechtenstein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrradkennzeichen
- Ein umfangreicher und gut recherchierter Leitartikel aus dem Rennrad-Magazin zum Thema:
https://www.radsport-rennrad.de/allgemein/kennzeichnungspflicht-radfahrer-leitartikel/