Kopfschütteln im Paradies

Sattelfest-Podcast-Hörerin Elke aus Graz hat uns geschrieben. Ihr Anliegen: Das seltsame Feedback, das ihr seit einiger Zeit entgegengebracht wird, wenn sie mit ihrem Lastenrad unterwegs ist.
Oder wie Elke selbst sagt: „Es gibt da eine spezielle und immer massiver werdende Situation, die ich wahrnehme. Das ist insofern überraschend, weil mir früher fast applaudiert wurde, wenn ich mit meinen beiden Buben geradelt bin. ‚Mei, wie herzig!‘ Und: ‚Was haben Sie da für ein tolles Fahrrad!‘ So viel positives Feedback gab es noch vor zwei Jahren. Mittlerweile hat sich das komplett gedreht. Vor allem bei den Autofahrern und Autofahrerinnen nehme ich permanentes Kopfschütteln wahr. Ungläubige Reaktionen, teilweise wird mir gedeutet, ob ich übergeschnappt bin." Das gilt laut Elke übrigens nicht nur fürs Fahren, sondern auch fürs Parken. Das ist mit einem Gerät dieser Dimension ja nicht immer ganz leicht.
Dazu sollte man wissen, dass sie pro Tag an die 20 bis 25 Kilometer radelt und das bei so gut wie jedem Wind und Wetter. Ihr Bakfiets Maxi ist nicht breiter, wohl aber etwas länger als herkömmliche Räder und bietet so Platz für ihre Kinder mit 9 und 11 Jahren plus deren Schultaschen. Elke fährt damit natürlich auch zum Einkaufen. Und sie bleibt stehen, wenn es an manchen Stellen eng wird und Gegenverkehr kommt. Sie stellt ihr Rad nur dort ab, wo sie niemandem im Weg steht. Kurz gesagt: Sie ist eindeutig ein Vorbild für gelebte sanfte Mobilität. Und genau deshalb würde sie wohl auch gerne nicht bestaunt oder belächelt werden. Und beschimpft schon gar nicht.
Nicht alle Straßen auf ihrem täglichen Weg von St. Peter in die Stadt und weiter nach Geidorf und Gries sind angenehm zu fahren, meint Elke. Ihr Tipp: Parallel zur St. Peter Hauptstraße findet sich ein ruhiger Weg in Richtung Union-Halle. Verbessert hat sich die Situation im Bereich der Keplerbrücke, sagt die passionierte Radlerin. Aber: Beim Radfahren gibt es ihrer Meinung nach wenig verbindliche Regeln etwa für das Überholen und das Bremsen. Und sie sagt selbstkritisch dazu, dass sie früher auch einfach möglichst schnell von A nach B gefahren ist. Komme, was wolle. Mit den Kindern geht das nicht. Etwas mehr Rücksichtnahme wäre ihr daher mittlerweile generell ein Anliegen.
Wo sieht sie selbst eigentlich die Ursache dafür, dass ihr Lastenrad so viel Skepsis auslöst? „Vielleicht ist es ein Privilegienverlust für Menschen mit Auto. Vielleicht ist es die Tatsache, dass es in Summe weniger Platz in der Stadt gibt. Oder es liegt daran, dass sich Anzahl und Vielfalt der Alternativen zum Auto massiv erhöht haben. Was ja aus vielen Gründen grundsätzlich gut ist, aber damit ist auch das Rangeln um Platz und störungsfreies Vorankommen massiver geworden. "
Trotz allem ist Elke übrigens glücklich mit der Wahl ihres Rades: „Es ist paradiesisch."
Wolfgang Kühnelt